Wie kann man jüdisches Leben in Bayern im Jahr 2025 schützen?

Das war eine der zentralen Fragen des 5. Landestreffen “Jüdisches Leben in Bayern” am 27. Juni 2025 in Nürnberg. Eingeladen hatten der Bayerische Landesverein für Heimatpflege und Dr. Ludwig Spaenle, der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe. Etwa 130 Teilnehmende fanden den Weg in das Heimatministerium in Nürnberg.

Spätestens seit dem 7. Oktober 2023 ist für jüdische Menschen weltweit eine neue unsicherere Zeit angebrochen. Antisemitische Straftaten nehmen zu, unsagbare Dinge werden wieder sagbar und es wird zunehmend schwieriger, jüdisches Leben offen auszuleben. Deshalb war es uns ein großes Anliegen, beim diesjährigen Landestreffen “Jüdisches Leben in Bayern“ das Thema Sicherheit in den Mittelpunkt zu stellen.

Durch die Veranstaltung führten Claudia Binswanger vom Netzwerk „Jüdisches Leben und historisches Erbe in Bayern“, und Ulrich Fritz, Leiter der Geschäftsstelle des Beauftragten. Die Tagung startete mit dem Grußwort von Ministerialrätin Christiane Plempel-Scholl, die sich als stellvertretende Dienststellenleiterin des Heimatministeriums in Nürnberg freute, das Landestreffen erneut bei sich im Haus begrüßen zu können. Weiter betonte Ilse Danziger, Vizepräsidentin des Landesverbandes der israelitischen Kultusgemeinden in Bayern, wie sich das Leben für Jüdinnen und Juden mit jeder neuen Nachrichtenlage aus Nahost verändert und weiter belastet. Der Geschäftsführer des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege, Dr. Rudolf Neumaier, kam ebenso auf die aktuelle Situation zu sprechen und rief alle Anwesenden auf, aktiv zu werden und Antisemitismus Einhalt zu gebieten. Ähnlich klangen auch die Worte von Dr. Ludwig Spaenle, der darüber hinaus die Aufgabe seines Amtes hervorhob, eben genau dort zu intervenieren und die Situation für jüdische Menschen im Freistaat sicherzustellen.

Nach den Begrüßungen berichtete Kriminaloberrat Michael Weinzierl, Beauftragter der Bayerischen Polizei gegen Hasskriminalität, insbesondere Antisemitismus, über erfasste antisemitische Straftaten in Bayern aus den vergangenen Jahren. Es war kaum überraschend, dass diese in den letzten Jahren merklich anstiegen – und zwar in allen Bevölkerungs- und Altersgruppen.

Was also dagegen unternehmen? Davon handelte der zweite Vortrag von Oberstaatsanwalt Andreas Franck, dem Zentralen Antisemitismusbeauftragten der bayerischen Justiz. Er beschrieb den Zuhörenden seine tägliche Arbeit und erläuterte zudem, welche rechtlichen Schritte eingesetzt werden, sobald eine antisemitische Straftat vorliegt – von der Erfassung bis zum Gerichtsverfahren.

Am Ende der beiden Vorträge standen die beiden Referenten noch für Fragen zur Verfügung. Hier interessierte die Teilnehmenden vor allem, wie sie selbst solche Straftaten zur Anzeige bringen und was dabei zu beachten ist.

Der zweite Teil der Tagung widmete sich dem Thema Archive. Dieses begann mit einem Vortrag von Dr. Alexis Hofmeister von der Generaldirektion der staatlichen Archive Bayerns darüber, wie jüdische Gemeindearchive aus Bayern, die heute in Jerusalem aufbewahrt werden, nach und nach digitalisiert werden. Zwar sei das ein enormer Aufwand, würde aber eine präzisere Forschung ermöglichen.

Danach erklärte Dr. Fabienne Huguenin, ebenfalls von der Generaldirektion der staatlichen Archive Bayerns, inwiefern eine Wiedergutmachung durch die Bereitstellung von Archivmaterialien erfolgen kann. Schließlich können durch die digitalisierten, für alle Interessierten zugänglichen Archivmaterialien leichter NS-Verbrechen erkannt und lokalisiert werden, wodurch eine Rückerstattung und Entschädigung einfacher möglich ist.

Das offizielle Programm endete mit einer Gesprächsrunde zum Thema Kontakt zu Nachfahren ehemaliger jüdischer Bewohnerinnen und Bewohnern. Dr. Christa Horn, Birgit Kroder-Gumann und Gaby Schuller pflegen seit Jahren intensive Kontakte zu zahlreichen Familien aus aller Welt, die auf Spurensuche nach ihren Vorfahren sind und verstehen wollen, woher diese einst kamen und welches Leben sie vor der NS-Zeit führten. Dabei erzählten die drei Ehrenamtlichen berührende Geschichten von den Besuchen und den freundschaftlichen Beziehungen, die dadurch entstanden sind. Oft werden die Ehrenamtlichen bei diesen Besuchen und den Recherchen zu den jüdischen Familien auch von örtlichen Schulen unterstützt.

Im Anschluss bestand für die Teilnehmenden des Landestreffens die Möglichkeit, sich miteinander auszutauschen und zu vernetzen. Außerdem präsentierten diverse Initiativen, Vereine und Projekte rund um das vielfältige jüdische Leben in Bayern, welche wichtigen Aufgaben sie übernehmen. Mit dabei waren unter anderem Coffee with a Jew und RIAS Bayern.

Wir vom Bayerischen Landesverein für Heimatpflege bedanken uns herzlich bei allen Teilnehmenden, den Vortragenden, den Ehrengästen und dem Heimatministerium für dieses erfolgreiche und wichtige Treffen.

 

Veranstaltung verpasst? Hier geht es zur Aufzeichnung des Landestreffen auf YouTube.

Weitere Informationen zu den vorgestellten Themen und Projekten:

Beteiligte beim Markt der Ideen:

Autorin: Katharina Bawidamann

 

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